Viele Menschen in Deutschland sind in ihren Erfahrungen mit der Schule noch von dem dreigliedrigen Schulsystem mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium geprägt. Die Aufteilung von Schülern in unterschiedliche Kurse und Schulen ihren Leistungen entsprechend, so wie es noch vor gar nicht langer Zeit Standard in Deutschland war, wirkt auch heute noch bei vielen nach, wenn sie nach Feierabend ein neues Hobby beginnen, wie z.B. Taiko spielen. Dieses Konzept hat sich fest in die Köpfe eingearbeitet.
Kion Dojo verfolgt ein andere Idee, die Menschen die gemeinsam etwas lernen wollen nicht voneinander trennt, sondern zusammenbringt. Denn durch gemeinsames Üben von Trommlern mit unterschiedlichen Fähigkeiten und unterschiedlich viel Erfahrung können ganz andere dynamische Entwicklungen entstehen als in getrennten Kursen und Gruppen. In gemischten Gruppen lernen alle mehr! Das bestätigen auch wissenschaftliche Studien. Nicht nur die Anfänger und weniger erfahrenen Trommler lernen von denen mit mehr Erfahrung, auch die Erfahrenen profitieren durch ihre Vorbildfunktion und das Weitergeben von gelernten Dingen. Der Lehrer bringt sich hier oft am besten so ein, dass er diese gegenseitigen Lernprozesse nur anstösst und der Rest von selbst passiert. Er nimmt eine wichtige Rolle ein, aber nicht die wichtigste.
Dass alle gemeinsam üben bedeutet nicht dass alle immer das gleiche spielen und es bedeutet auch nicht Überforderung für die einen oder Langeweile für die anderen. Die Herausforderungen im Taiko spielen sind so vielfältig, und die Möglichkeiten für jeden einzelnen Trommler und seinen jeweiligen Stand eine passende Aufgabe zu finden auch. Und während die Mehrzahl der Übungstermine für alle gleichermaßen offen sind, gibt es auch Übungen für Fortgeschrittene, um speziell an fortgeschrittenen Techniken und Stücken zu üben.
Die rhythmische oder auch allgemein die musikalische Bildung wird in Deutschland, das muss man leider sagen, viel zu wenig als wichtig angesehen. In Japan gibt es eine Karaoke-Kultur, in der jeder Büroangestellte nach Feierabend sich musikalisch betätigen kann, in der Schule lernt jedes japanische Kind ein Instrument. Wenn Japaner mit dem Taiko spielen beginnen, bringen sie in der Regel schon ein gewisse musikalische Grunderfahrung mit. In Deutschland gibt es viele engagierte Musiklehrer an den Schulen, scheinbar können sie aber nicht das erreichen, was ihre japanischen Kollegen können, was sicher unter anderem an der geringen gesellschaftlichen Wertschätzung liegt. Diese geringe Wertschätzung der kulturellen Bildung in vielen Teilen der deutschen Bevölkerung und die Kommerzialisierung der Musik durch die so viele Menschen Musik nur als reine Konsumenten erfahren, haben zur Folge, dass Erwachsene die mit Taiko anfangen möchten, auch mit dem Übungsprogramm für Einsteiger vor gewaltigen Herausforderungen stehen. Wer in dieser Situation ist, muss erst mal ein Grundgerüst von Körperwahrnehmung und Koordination, von Zeit- und Rhythmusgefühl entwickeln, bevor er wirklich motivierende Fortschritte im Taiko wahrnehmen kann. Aller Anfang ist schwer! Viele, bei denen sich nach einigen Wochen noch keine großen Fortschritte einstellen, geben das Taiko spielen wieder auf. Es soll jetzt aber nicht der Satz folgen: "Jeder kann Taiko lernen!" Stattdessen wäre der Satz passender: "Jeder der daran glaubt, kann Taiko lernen." Denn nur wer daran glaubt, wird die erste schwierige Phase überwinden können, nach der das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zunimmt und damit auch Stück für Stück die Motivation zu üben. Wer dagegen schon musikalische Grunderfahrung und/oder ein gutes Körpergefühl und Koordination mitbringt, wird die schwierige Anfangsphase natürlich entweder gar nicht haben, oder schnell überspringen können.
In Japan gibt es im allgemeinen einen pragmatischeren Umgang beim Lernen. Das bedeutet oft, die Praxis kommt vor der Theorie. Die Praxis folgt nicht nach einer langen theoretischen Einweisung, sondern sie wird direkt vermittelt, in kleinen und gut verständlichen Schritten. Da Taiko spielen zu 95% aus Praxis besteht, eignet es sich natürlich ganz besonders gut für diesen Ansatz. Kinder lernen das Laufen oder die Sprache ganz einfach durch Ausprobieren und durch Nachahmen, sie würden nie auf die Idee kommen, erst ein Buch zu lesen, wie diese Dinge funktionieren. Und dennoch gibt es Musiklehrer in der Schule, die die Schüler Quintenzirkel und Tonleitern auf Notenpapier malen lassen, ohne dabei auch nur einen Ton selbst von sich zu geben. Wie soll da eine Begeisterung und Kompetenz für die Musik entstehen? Ein Skandal! Musikunterricht in der Schule müsste noch viel mehr aus Praxis bestehen als bisher!
Das natürliche Lernprinzip der Kinder haben sich die Japaner zumindest beim Taiko-Unterricht gut erhalten. Denn hier werden die Bewegungen, Stücke und Ausdrucksmöglichkeiten direkt vermittelt, ohne Noten und Theorie. Das bedeutet nicht, dass es keine schriftliche Möglichkeiten gibt, die Stücke festzuhalten und dass dies nicht genutzt wird! Die Ablaufpläne der Stücke und Videos die den Kion-Mitgliedern zu Verfügung stehen sind aber nur ein ergänzendes Lehrmittel und nicht der Ausgangspunkt beim Lernen! Wer sich zu Hause die Dinge noch ein mal anschaut, die er im Kion-Unterricht gelernt hat, wird sie natürlich schneller und besser behalten.
Eine weitere wichtige Rolle fällt der Sprache beim Taiko zu. So gibt es eine Taiko-Lautsprache, mit der Taiko-Rhythmen gesprochen werden können. Da die Sprache ein Kommunikationsmedium ist, das wir schon beherrschen, kann es uns sehr gut dabei helfen, ein Kommunikationsmedium das wir noch nicht so gut beherrschen wie das Trommeln zu lernen. Das klingt dann in etwa so: Don tsuku doko tsuku Don tsukutsuku Taka
Wer seine bisher aus Schule, Ausbildung und Beruf gewohnten Erwartungen an bestimmte Lernmethoden mit beherztem Schwung über Bord wirft, und sich auf eine direkte mit dem Körper erfahrbare Übungspraxis einlässt, wird im Kion Dojo viel und gut lernen können!